(Hier geht es zu den Fotos der Reise.)
Meine Motorradreise zum Gardasee in 2014, ist der Startschuss und die Probe aufs Exempel, für die Reisen, die danach noch folgen sollen. Außerdem ist sie der perfekte Anlass, um den Motor meiner kurz zuvor erworbenen MV Agusta F3 800 einzufahren. Gemeinsam mit meinem Freund Patrick - der meine Suzuki GSF 1200 S fährt - mache ich mich auf, um meine erste Motorradreise zu unternehmen.
Der Gardasee ist einer meiner persönlichen Hotspots in Italien. Ich habe ihn in meiner Jugend sehr oft bereist und bin mit den Begebenheiten vor Ort bestens vertraut. Von Deutschland aus ist es nicht allzu weit und die Route nicht zu anspruchsvoll. Somit ist der Gardasee das perfekte Reiseziel für die erste Tour!
Juli 2014 - Startpunkt unserer Tour ist meine Heimatstadt Gernsbach.
Wir fahren über tolle Landstraßen durch den schönen Schwarzwald bis runter nach Konstanz am Bodensee, mit nachfolgendem Grenzübertritt in die Schweiz. Ein klasse Tourstart!
Wir haben zuvor beschlossen die Autobahnen der Schweiz zu meiden, um das Geld für die schweizer Vignette zu sparen. Dies erweist sich jedoch direkt als klare Fehlentscheidung. Die Fahrt auf den Landstraßen entlang des Bodensees auf "Schweizer Hoheitsgebiet", wie der Grenzbeamte sein Land bezeichnete, ist ein furchtbares Geschnecke!!! Gefühlt fahren wir mit 40-50 Sachen durch diverse Ortschaften und über schnurgerade Landstraßen, auf denen sich recht wenig gute Aussichten auf den Bodensee bieten. Als ob das nicht schon schlimm genug ist, steht auch noch alle paar Kilometer ein Kasten für teure Erinnerungsfotos. Der erste Motivationsdämpfer unserer Reise.
In einer Kleinstadt kurze Zeit später dann ein Schockmoment. Mein Kumpel übersieht eine rote Ampel und hat fast eine Kollision mit einem über die Kreuzung fahrenden Auto. Er kann die Maschine jedoch noch etwas abbremsen, um dann hinter dem Auto durchzufahren. Puhh, nochmal Glück gehabt!
Der Grenzübertritt nach Österreich lässt unsere Motivation noch mehr in den Keller sinken, da sich hier wahnsinnig viele LKWs im Schneckentempo um einen Kreisel manövrieren, was uns 2 Stunden Wartezeit in der prallen Sonne beschert und das bei 35 Grad. Es fühlt sich so an, als würde die Lederkombi mit der Haut verschmelzen.
In den darauf folgenden Ortschaften, fängt meine MV an Probleme beim Schaltvorgang zu machen. Ich komme immer wieder nicht aus dem 3. Gang raus - nicht nach oben, nicht nach unten. Das Problem lässt sich nur durch "Runtertippen" bei abgeschalteter Zündung und etwas Hin- und Her-Rollen beheben. Das Problem tritt im Verlauf der Tour leider immer wieder auf, aber wir setzen unsere Tour fort.
Wir genießen die Fahrt über schöne Landstraßen durch Österreich, gefolgt von einer flotten Passauffahrt am Arlbergpass. Unsere Laune wird buchstäblich nach oben katapultiert. Wir kommen gut voran und erreichen in den frühen Abendstunden den kleinen Ort Prutz, hier beschließen wir zu campieren. Da mir der örtliche Campingplatz jedoch zu wenig Aussicht bietet, schrauben wir uns ein paar Straßen weiter nach oben und stoßen an einer Maria-Statue auf einen optimalen Lagerplatz für die erste Nacht unter freiem Himmel. Hier schlagen wir unser Zelt auf. Bei einer Pizza und Bier lassen wir den Abend ausklingen und ziehen Bilanz. Das Tagesziel "bis zum Gardasee" haben wir leider nicht erreicht und die Anfahrt bis Prutz, bis auf den Arlbergpass, war auch nicht besonders prickelnd gewesen. Unser Nachtplatz über den Lichtern der Ortschaft, tief eingebettet in ein Bergpanorama, entschädigt uns jedoch recht schnell, für die bisherigen Strapazen.
Der nächste Morgen verschafft uns einen tollen Panoramablick über das Tal. Auf unserem Plateau, über den Dächern von Prutz, genießen wir die Aussicht. Noch bevor uns jemand sieht, verstauen wir schnell unsere Ausrüstung auf den Motorrädern und starten energiegeladen entlang des Inns in Richtung Italien. Kurz nach Nauders überqueren wir die Grenze zu Italien.
Der direkt folgende Reschenpass mit Reschensee bietet eine spektakuläre Aussicht. Hier wurde 1950 das gesamte Dorf Graun und ein Großteil des Dorfes Reschen zur Erbauung eines Stausees überflutet. 163 Häuser wurden überschwemmt. Der einzig verbliebene Zeuge aus jener Zeit, ist der hoch aus dem Wasser ragende Kirchturm von Graun, der in Ufernähe steht. Ein wirklich schöner Ort für eine kurze Pause.
Weiter geht es durch einen Tunnel, nach dem sich das Landschaftsbild schlagartig ändert. Die Straße führt durch Rebhänge, der Duft Italiens liegt in der Luft.
Die restlichen knapp 200 Kilometer bis zum Gardasee fahren wir auf gut ausgebauten Landstraßen und den italienischen Autobahnen. Vorbei an Meran, Bozen und Trient kommen wir unserem Ziel zügig näher.
Nach Rovereto biegt die Straßenführung dann endlich zum Gardasee ab. Das erste Highlight ist die Willkommens-Aussicht vom Parplatz nach der Haarnadelkurve über Torbole. Das typische Bild, wie es rund um den See aussieht, wird hier präsentiert. Hoch in den Himmel ragende Zypressen und der im Licht der Sonne glänzende See. Das ganze wird vom Bergmassiv im Hintergrund umrahmt. Ein klasse Platz mit toller Aussicht - Wir haben den See erreicht!
Entlang des Ostufers fahren wir in südliche Richtung bis kurz vor Malcesine. Hier legen wir eine entspannte Badepause am Ufer des Sees ein. Was für ein Spaß, nach der Anreise in der prallen Sonne und bei 36 Grad, total verschwitzt in das kühle Wasser des Sees zu hüpfen! Die Italiener um uns rum werfen meiner MV Agusta freudige Blicke zu und sprechen Komplimente wie "bella" und "belissimo" aus. Der Suzuki, meinem tadellosen Bike, würdigen sie keinen einzigen Blick.
Nach der ausgedehnten und erholsamen Pause fahren wir weiter. Vorbei an Malcesine mit seiner guten erhaltenen Burg, dem Castello Scaligero, geht es in Richtung Süd-Ost-Ufer. Zwischen Malcesine und Brenzone sul Garda liegt östlich der Berg Monte Baldo, mit seinen 2218 Metern ist er das höchste Bergmassiv am Gardasee. Die Fahrt entlang des Sees verläuft unbeschwert und bietet uns tolle Aussichten auf den See. In der Ferienzeit kann es hier schon ziemlich voll werden, wenn Touristenschaaren in Karawanen von Autos versuchen, ihr Urlaubsdomizil zu erreichen.
Gegen 18 Uhr erreichen wir in Bardolino den Campingplatz "Camping Europa". Unser Domizil für die nächsten 2 Nächte. Der Campingplatz glänzt mit direkter Lage am Ufer des Sees, einer guten Pizzeria, sowie einem kleinen Laden direkt im Camping-Komplex und sehr sauberen Sanitäranlagen. Wir bauen unser Zelt auf einer Grünfläche, die durch Hecken zu den Nachbarn begrenzt ist, auf.
Jetzt ist es Zeit Bardolino zu erkunden. Vom Campingplatz entlang des Seeufers, sind es etwa 5 Gehminuten bis ins Zentrum. Bardolino bietet eine tolle Altstadt, viele Cafes und Restaurants. Ein schöner Ort um zu verweilen. Wir schlendern durch die vielen kleinen Gassen und genießen das italienische Flair. Bei Sonnenuntergang verspeisen wir unsere erste Portion Pasta. Unser Blick schweift auf den Hafen. Ein echter Hinkucker in der Beleuchtung der Nacht.
Am nächsten Morgen werden wir von der Hitze im Zelt geweckt. Die Sonne steht bereits steil am Himmel und verwöhnt uns mit der Wärme des Südens. Unser Tag beginnt mit einem ausgiebigen Badespaß.
Vor dem Tourstart habe ich geplant, während unseres Aufenthalts am See mehrere Tagestouren rund um den See zu fahren, da es hier sensationelle Motorradstraßen gibt. Da uns die ursprünglich auf einen Tag geplante Anreise, jedoch einen Tag mehr an Zeit gekostet hat und anstrengender gewesen war, wie vor der Reise gedacht, beschließen wir einen Tag faul in der Sonne zu liegen und "Bella Italia" zu genießen. Außerdem hat sich das Schaltproblem der MV nicht gebessert und die Suzuki weist ein Problem an der Vorderbremse auf. Zum Frühstück gibt es Pizza! :)
Bei unserer Anreise zum See, die über zwei Pässe führte, hatten wir beobachtet, wie die Bremsleistung der Vorderbremse meiner Suzuki, sich konstant verschlechtert hat. Dies wollen wir vor der Heimreise beheben lassen. Ein hilfsbereiter Italiener teilt uns mit, dass die nächste gute Motorradwerkstatt im 30 Kilometer entfernten Verona ist. Das ist uns zu weit weg. Wir machen uns selbst ans Werk, um das Problem zu beheben. Mit einfachsten Werkzeugen, wie Schraubenzieher und Flachzange, versuchen wir den Bremshebel-Zylinder wieder einigermaßen gangbar zu machen, was uns nur zum Teil gelingt - der Zylinder läuft ziemlich schwergängig.
Wir genießen den Nachmittag, besuchen kleine Läden und Cafes in Bardolino und entspannen bei gutem italienischem Essen.
Am Abend sitzen wir auf dem zum Campingplatz gehörenden Steg, auf dem See und schauen den vielen Holländern bei ihren Privatboot-Präsentation-Shows zu.
Wir verfolgen, wie die die Sonne am Westufer untergeht und trinken eine gute Flasche italienischen Rotwein.
Für den nächsten Morgen planen wir die Heimreise zu starten.
Gegen 10 Uhr verlassen wir den Campingplatz, nachdem wir uns mit einer saftigen Pizza gestärkt haben.
Die Rückreise verläuft auf selbigem Weg, wie schon die Anreise. Außer einer brenzligen Situation gibt es nicht viel zu berichten.
Bei der Fahrt auf eine Vorfahrtsstraße, übersehe ich ein sich von links näherndes Auto. Als ich das Auto dann endlich im Augengenwinkel bemerke, mache ich sofort eine beherzte Vollbremsung. Dank dem guten ABS meiner neuen MV, komme ich innerhalb kürzester Strecke zum Stillstand. Das Auto kann gefahrlos passieren. Die Maschine war während des gesamten Bremsmanövers sehr gut zu beherrschen. Von meiner Suzuki ohne ABS bin ich anderes gewohnt. Ich habe die Entscheidung, meine MV mit ABS zu kaufen, nie bereut. Meiner Meinung nach sollte die Serienausstattung für jedes Motorradmodel ein Anti-Blockier-System enthalten.
Gegen 22 Uhr erreichen wir Konstanz am Bodensee, wo ich die letzte Übernachtung in freier Natur machen möchte. Mein Kumpel lässt sich jedoch von der Aussicht, zuhause in seinem eigenen Bett schlafen zu können, so sehr hinreisen, dass er unbedingt noch heute, bis nachhause fahren will. Ich gebe nach und wir treten die Heimreise in völliger Dunkelheit an.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich beschlossen, meine nächste Motorradreise alleine zu fahren. Das erspart einem die Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen zum weiteren Reiseverlauf.
Nach 3 Stunden und 170 gefahrenen Kilometern erreichen wir unser Ziel, meine Heimatstadt Gernsbach.
Das erste Motorradabenteuer, wenn auch in etwas anderer Form wie zuvor geplant, ist gemeistert!!! :) :) :)
Der Bremshebel-Zylinder meiner Suzuki musste nach der Reise erneuert werden.
Das Getriebe der MV wurde auf Garantie geöffnet, dabei wurde ein Span im Getriebe am Schalthebel entdeckt, der vermutlich die Schaltprobleme verursacht hatte.
Die Maschinen sind somit wieder bereit für ein neues Abenteuer!!! :)
Für die kommenden Reisen, habe ich mir vorgenommen, Streckendoppler zu vermeiden. Es hat sich als ziemlich langweilig herausgestellt, den gleichen Weg zurück zu fahren, von dem man bereits gekommen ist. Meine nächsten Touren werde ich als Rundreisen planen!!!
Route:
Gernsbach - Konstanz - Arlbergpass 1793m - Prutz - ZELTEN bei 47.076790, 10.658841 (Kalvarienberg, bei Maria Statue, Prutz) - Reschenpass 1507m - Graun im Vinschgau (Reschensee) - Meran - Bozen - Trient - Rovereto - Torbole - Malcesine - Brenzone sul Garda - Bardolino - ZELTEN (2 Nächte) bei 45.542033, 10.725112 auf Campingplatz "Europa" in Bardolino - Brenzone sul Garda - Malcesine - Torbole - Rovereto - Trient - Bozen - Meran - Graun im Vinschgau (Reschensee) - Reschenpass - Prutz - Arlbergpass - Konstanz - Gernsbach
Reisedauer: 4 Tage
Gefahrene Strecke: 1274 Kilometer
Anzahl Pässe: 2 (4)
Wildcampen Italien: In Italien ist das Wildcampen im Wald, sowie auf freien Flächen, also auch am Strand, verboten. Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen. Anders sieht das auf Privatgrundstücken aus. Hat man die Erlaubnis des Grundstückbesitzers erhalten, steht einem Campieren auf dem Privatgrundstück nichts im Wege.
Wildcampen Österreich: In Österreich ist wildes Campieren grundsätzlich verboten. Wird man trotzdem dabei erwischt, werden hohe Bußgelder fällig.
Biwakieren Italien / Österreich: Das Übernachten draußen, ohne Zelt, nur mit Schlafsack, Isomatte, Hängematte, Biwaksack, Tarp, etc., in hochalpinem Gelände, ist außerhalb der Schutzgebiete, in Italien, für einen kurzen, durch den Anlass gebotenen Zeitraum (eine Nacht), gestattet. Für Österreich gilt zusätzlich: Ein Notbiwak in alpinem Gelände ("alpines Ödland") ist erlaubt, ein geplantes Biwak ist gleichzusetzen mit "Zelten" und wird geahndet.
Klima / beste Reisezeit: Von alpinem Klima in Südtirol bis zu mediterranem Klima an der Stiefelspitze und in Sizilien reicht die Palette. Ganz im Süden geht Motorradfahren ganzjährig, Touren in der Mitte und im Norden ab März, in den Höhenlagen ab April / Mai. In den alpinen Regionen gelten die Wintersperren teilweise bis in den Juni.
allgemeine Landesinformationen
Fläche: 301.338 km2
Einwohner: 60.501.718
Währung: Euro
Verkehr: Rechtsverkehr
Tempolimits:
50 km/h innerorts
90 km/h außerorts
110-130 km/h auf Autobahnen
Web-Infos: www.italia.it/de
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